Warum ist die USK und FSK nicht bei Facebook? Die Rating-Firmen für Filme und Spiele gibt es in jedem Land. In keinem davon sind sie wirklich beliebt, jedenfalls nicht bei den jüngeren Menschen. Spiele werden solange beschnitten, bis man sie nicht wieder erkennt, und Filme, die vor zwanzig Jahren auf dem Index standen darf man heute schon mit 16 Jahren schauen.
Eine verrückte welt, die einem immer schnellerem Wandel unterliegt. Was heute keiner tut, kann morgen schon total angesagt sein. So sehen es die Firmen zur Einstufung der Altersgrenzen für Filme und Spiele aber nicht, jedenfalls nicht in Deutschland.
USK (Deutschland) Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle
Die USK hat einen recht hippen Look und wirkt nach außen recht jung. Der Geschäftsführer selbst ist Mitte Dreißig, spielt privat gerne Saxophon und ist seit 2009 Geschäftsführer der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle. Gegründet wurde sie im Jahr 1994, im Jahr 2010 berichtete das Unternehmen von mittlerweile 2844 Prüfungen. Die USK sieht sich als freiwillige Einrichtung der Computerspielewirtschaft, doch eigentlich handelt es sich hierbei um einen Zwang, denn kein Spiel darf in Deutschland verkauft werden, bevor es sich nicht die prüfenden Augen der USK ausgesetzt hat. Die Alterskennzeichnen reichen von 0 Jahren, also für jeden geeignet bis hoch zu 18 Jahren. Diese Einstufungen richten sich nach dem deutschen Jugendschutzgesetz.
FSK (Deutschland) Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft
Die FSK gibt es, im Vergleich zur USK, schon eine halbe Ewigkeit, nämlich seit 1949. Das sind mittlerweile ganze 64 Jahre. Ein Unternehmen, das wenn es ein Mensch wäre, sicher schon Rente beziehen würde. Seit der Gründung sitzt das Unternehmen in Wiesbaden und hat es sich zur Aufgabe gemacht, sämtliches Filmmaterial mit einer Altersfreigabe zu versehen. Die Geschäftsführung teilen sich Christiane von Wahlert und Helmut Poßmann. Ähnlich wie die USK und farblich deckungsgleich wird hier auch zwischen 0, 6, 12, 16 und 18 Jahren differenziert. Wieviele Filme die FSK seit jehher einsortiert hat, lässt sich nur erahnen.
PEGI (Europa) Pan European Game Information
Die PEGI ist das erste europaweit agierende Alterseinstufungssystem für Computer- und Konsolenspiele. Die Zentrale befindet sich in den Niederlanden. Eingeführt wurde die PEGI im April 2003 und ersetzte die bis dahin geltenden Einstufungssysteme. Anders als zum Beispiel in Deutschland ist die Einstufung der PEGI nur eine Empfehlung und ist daher nicht verbindlich. Das letzte Worte haben hier die Erziehungsberechtigten, nicht der Gesetzgeber. Die Einstufungen sind in ab 3, 4, 6, 7, 12, 16 und 18 Jahren unterteilt. Als Social Media Kanal betreibt die PEGI einen englischsprachigen Twitter-Account, der automatisiert alle Bewertungen tweetet.
ESRB (USA) Entertainment Software Rating Board
Das ESRB wurde im Jahr 1994 begründet und bewertet Computer- und Konsolenspiele in den USA und Kanada. Wie die PEGI spricht das ESRB nur eine Empfehlung aus und ist damit eine reine Selbstregulationseinrichtung der Spieleindustrie ohne jegliche Rechtsverbindlichkeit. Die Bewertung der Spiele erfolgt freiwilig, gehört aber mittlerweile einfach mit dazu, sodass nahezu alle Spiele, die in den USA erscheinen, auch eine entsprechende Bewertung finden. Man unterscheidet hier in Buchstaben, nämlich eC (early Childhood = 3 Jahre), E (Everyone = 6 Jahre), E10+ (Everyone 10 and older = 10 Jahre), T (Teen = 13 Jahre), M (Mature = 17 Jahre), AO (Adults Only = 18 Jahre) und RP (Rating Pending = Bewertung steht in diesem Fall noch aus). Die angepriesene Facebook-Seite ist derzeit nicht erreichbar, ein Twitter-Account tweetet alle Bewertungen, leider auch nur automatisch und ohne viel Liebe.
Fazit
Eins fällt beim Vergleich der vier Anbieter sofort ins Auge. Sowohl die USA als auch Europa sind demnach nicht der Meinung, dass ein Spiel schon ab Null Jahren geeignet ist, was meiner Meinung nach auch einen deutlichen Sinn ergibt. Wie dem auch sei, alle Alterseinstufungsdienste haben ein Problem, denn bei beliebten Spielen oder Filmen haben sie immer genau die Zielgruppe, die unter der jeweiligen Einstufung liegt, als uneinsichtigen Gegner. Das mag bei unter 12jährigen noch recht einfach zu handhaben sein, aber ich möchte mir nicht vorstellen müssen, wie ein 15jähriger auf die Barrikaden geht, weil der sein heißgeliebtes Spiel erst in einem Jahr spielen darf, zumindest offiziell.
Dies wird wohl die größte Hürde sein, die es zu nehmen gilt. Sowohl das ESRB als auch die PEGI haben dieses Hindernis zumindest teilweise überwunden. So gibt es für den europäischen Markt zumindest einen Twitter-Account, der jede neue Bewertung automatisch nach draußen trägt. Das ESRB hat laut seiner Website einen Facebook und einen Twitter-Account, doch die Facebook-Seite verweist hier nur auf die Startseite des blauen, sozialen Riesen.
In Deutschland hält man sich jedoch aus allen Social Media Belangen heraus. Bereits im Jahr 2010 wurde meine Anfrage zum Interesse am Mitwirken im Social Web dankend abgelehnt. Ich verstehe die Angst des Unternehmens nur zu gut, man möchte halt keine Deutsche Bahn Affäre riskieren und ist sich insgeheim bewusst, dass die Meinung zum Einstufungsdienst mit sinkendem Alter unfreundlicher wird. Das Potential, welches Social Media ohne Frage bietet, wird hierbei völlig außer Acht gelassen. Man möchte sich den Fragen, warum ein Spiel mit der USK-Wertung 16 oder 18 bedacht wurde, einfach nicht öffentlich auseinandersetzen. Dies würde, rein wirtschaftlich gesehen, sicher mehrere feste Arbeitsplätze sichern und eine Flut an Anfragen und Ärgernissen in Form von Facebook-Posts und Emails mit sich bringen. Dennoch glaube ich, dass man zumindest klein Anfangen könnte und sich dem ganzen Thema nicht vollkommen verschließen sollte.
Zurück zu der anfangs gestellten Frage. Warum ist die USK und FSK nicht im Social Web vertreten? Ganz einfach, die Sorge von einem nicht zu bewältigendem Aufwand und einer öffentlichen Möglichkeit, die Meinung der beiden Einstufungsinstanzen in Frage zu stellen. Das Unternehmen ist bisher nicht gewohnt, seine Entscheidungen über die eigenen Meetingräume hinaus zu tragen und dann auch noch diskutieren zu müssen. Zudem gibt die USK keine Empfehlung sondern macht klare Ansagen. Diese können keinesfalls durch eine wildgewordene Horde an Facebook-Fans ins Frage gestellt werden. Ob sich diese Einstellung noch irgendwann ändern wird, ist daher fraglich.
Ich weiß, der Artikel istjetzt gut 6 Jahre alt, aber ich bin gerade darüber gestolpert.
Was auch ein Grund für den Unwillen der USK und FSK ist, sich dem offenen Dialog zu stellen ist der Grund, das beides Unternehmen sind und keine Behörden
Trotzdem besitzen sie aber praktisch behördliche Befugnisse, da die Spiele und Filme durch ihren Prüfungsprozess müssen, da sie sonst keine freigabe bekommen und automatisch nur an Erwachsenenverkauft werden dürfen.
Tatsächlich besitzen sie soviel Macht, daß eine nachträgliche Indizierung zum Beispiel eines Spiels durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien unmöglich ist, wenn die USK dieses Spiel schon geprüft und bewertet hat.
Das muß man sich doch mal auf der Zunge zergehen lassen, ein Unternehmen besitzt eine Monopolstellung für Bewertungen durch Zuspiel des Staates und kann somit praktisch konkurrenzfrei auf dem deutschen Markt damit Geld verdienen.
Wenn auch noch alte Politiker der verschiedenen Parteien in diese Unternehmen abgeschoben würden, wäre der Kreis praktisch geschlossen.
Die gute alte GEZ, die DB & Co. lassen fein grüßen.